Arbeitsgebiet

Replikation der Flaviviren

Das Virus der bovinen Diarrhoe (BVDV-1, BVDV-2), das Virus der klassischen Schweinepest und das „border disease“ Virus der Schafe bilden das Genus Pestivirus in der Virusfamilie Flaviviridae. Bei diesen Viren handelt es sich um wirtschaftlich hoch relevante Tierseuchenerreger. Zu derselben Familie gehören außerdem das Genus Flavivirus mit Vertretern wie Frühsommermeningeoencephalicitsvirus, Gelbfiebervirus und Dengue Virus sowie das Genus Hepacivirus mit dem humanpathogenen Hepatitis C Virus. Derzeit werden im Institut Vertreter aller drei Genera in wissenschaftlichen Projekten untersucht.

Pestiviren sind kleine (40-60 nm) behüllte Viren, deren Genom aus einer einzelsträngigen RNS positiver Polarität mit meist etwa 12.300 Nukleotiden besteht. Das Genom der Pestiviren ist eine einzelsträngige RNA positiver Polarität. Die Proteinexpression erfolgt über Translation eines Polyproteins, welches durch zelluläre und virale Proteasen in die funktionellen Virusproteine gespalten wird. Als Modellvirus dient das Virus der bovinen viralen Diarrhöe (BVDV).

Untersuchungen zur Prozessierung des viralen Polyproteins und der daran beteiligten Enzyme sind einer der Arbeitsschwerpunkte der AG. Besonderes Interesse gilt dabei der Prozessierung des Nichtstrukturproteins 2-3 (NS2-3), da das Ausmaß der NS2-3 Spaltung mit der Zytopathogenität von Pestiviren korreliert. Entsprechend sind Pestivirusstämme, welche eine effiziente NS2-3 Spaltung aufweisen, in der Zellkultur zytopathogen (zp) und solche bei denen nur eine geringgradige NS2-3 Spaltung auftritt nicht zytopathogen (nzp). Aktuelle Untersuchungen haben gezeigt, dass im NS2 der Pestiviren eine Protease existiert, welche die NS2-3 Spaltung katalysiert. Die Regulation dieser Protease und ihr Einfluss auf die pestivirale Replikation und Zytopathogenität sind Kernpunkte aktueller Untersuchungen. Ziel unserer Forschung ist auch herauszufinden, welche weiteren viralen Faktoren für die Zytopathogenität der Pestiviren verantwortlich sind. 

Im Rahmen dieser Arbeiten wurde von unserer AG ein zelluläres Protein aus der Familie der J-Domänenproteine identifiziert, welches mit dem NS2 Protein der Pestiviren stabil interagiert und die NS2-3 Prozessierung stimuliert. Wird dieses Protein, welches von uns als „J-domain protein interacting with viral protein“ (Jiv) bezeichnet wird, in den Wirtszellen der Pestiviren überexprimiert, so kommt es auch nach einer Infektion mit nzp BVDV zur effizienten Spaltung des NS2-3 Proteins und zum Auftreten eines „Zytopathogenen Effekts“. Unsere Arbeiten haben gezeigt, dass es sich bei Jiv (DNAJ C14) um einen essentiellen Kofaktor der pestiviralen NS2 Protease handelt. Die Limitation der Jiv Menge in den Wirtszellen ist eine essentielle Voraussetzung für den viralen nzp Biotyp und damit für die Fähigkeit zur Persistenz. Die gewebsspezifische Regulation der Jiv Expression, sowie deren Effekt auf die pestivirale Replikation, sind Schwerpunkte aktueller Arbeiten.

Weiterhin werden verschiedene andere NS Proteine bezüglich ihrer Rolle in der RNA Replikation untersucht.

Das humane Hepatitis C Virus (HCV)

HCV ist auf Ebene der Genomorganisation mit den Pestiviren näher verwandt als mit den Vertretern des Genus Flavivirus. Weltweit leiden ca. 130. Mio. Menschen an einer chronischen HCV Infektion. Diese Infektionen sind eine der Hauptursachen für Leberzirrhose und hepatuzelluläres Karzinom. Aktuelle Therapiekonzepte führen nur bei einem Teil der chronisch Infizierten zur Eliminierung des HC Virus. Daher sind weitere Untersuchungen zur Identifizierung viraler Zielstrukturen sowie antiviralen Substanzen dringend notwendig. Die beiden viralen Proteasen im Bereich des NS2-3 werden daher von unserer AG im Detail bezüglich ihrer Funktion und Regulation untersucht und auf molekularer Ebene mit den pestiviralen Enzymen verglichen.